Veröffentlicht am Juli 6, 2023

Barrierefreies Bad: Aufbau, Kosten & Fördergelder

Barrierefreier Wohnraum ist mehr als Bauen für Ältere, physisch oder kognitiv eingeschränkte Menschen: Barrierefreiheit ist ein Begriff, der über das behindertengerechte Bauen hinausgeht. Barrierefreie Räumlichkeiten erlauben allen Menschen freies und selbstbestimmtes Wohnen, ungeachtet ihrer Verfassung. Das barrierefreie Badezimmer ist ein Kernaspekt im barrierefreien Bauen.
Thorben Frahm
Dieser Artikel wurde von
Thorben Frahm für www.deine-vier-waende.com verfasst.
Badezimmer Barrierefreies Bad

Ein Barrierefreies Bad richtig planen

Ein Barrierefreies Bad ist nicht nur dann vonnöten, wenn es akut erforderlich ist. Am besten plant und baut man es vorausschauend bereits in jungen Jahren. Im Falle des Älterwerdens lässt sich der Bedarf noch ungefähr abschätzen; im Falle von Unfall oder Krankheit ist das leider nur schwer möglich.

Kern eines barrierefreien Badezimmers ist, dass es sich dem Nutzer anpasst, nicht umgekehrt. Deshalb sollte man dafür Sorge tragen, dass Badezimmer bereits so ausgelegt werden, dass man sie im Bedarfsfall schnell und einfach nachrüsten kann, beispielsweise mit Halte- oder Stützgriffen im Bereich von Dusche oder WC, falls man nicht direkt barrierefrei baut oder umbaut. Ein barrierefreies Bad ist nicht nur dann von Nutzen, wenn man es am dringendsten benötigt. Auch junge, gesunde Menschen genießen den Komfort, den ein barrierefreies Bad bieten kann.

Die DIN 18040-2 regelt barrierefreies Bauen in Wohnungen

Dreh- und Angelpunkt für das barrierefreie Badezimmer ist die Norm DIN 18040-2. Sie gilt für Neubauten und ist außerdem nicht in allen Bundesländern gesetzlich verpflichtend. Man muss sich im Falle einer barrierefreien Badsanierung somit sicherlich nicht buchstabengetreu an die Vorgaben der DIN halten und ist in der Planung sehr frei, sie ist aber natürlich auch für Sanierungen und Umbauten im Bestand ein guter Ratgeber, wie die Maßnahmen richtig durchzuführen sind. Wird mit dem Bauherren oder einem Fördermittelgeber der (Um-)Bau nach DIN besprochen, sollte die Durchführung nach DIN-Vorgaben unbedingt vertraglich festgehalten werden.

Sie definiert zwei grundlegende Standards, nach denen barrierefreie Badezimmer zu planen und erreichten sind: "Barrierefrei nutzbar" (der Mindeststandard) und "Barrierefrei und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar" (der sogenannte "R"-Standard).

Wie ein barrierefreies Bad aufgebaut ist

  • Zu den wichtigsten Aspekten in einem barrierefreien Badezimmer gehört ein Grundriss mit ausreichend Bewegungsfreiheit. Je mehr, desto besser! Zwischen den einzelnen Komponenten im Bad, also Dusche, WC oder Waschtisch muss genügend Platz zur freien Bewegung sein. Türen sollten keine Schwellen haben und möglichst nach außen zu öffnen sein. Auch sollte gewährleistet sein, dass die Türen breit genug sind, damit ein Mensch im Rollstuhl gut passieren kann. An allen Stationen sollten sich Stütz- und Haltegriffe gut in Reichweite befinden oder im Zweifel schnell nachrüstbar sein.
  • Stürze verhindern und abmildern. Stürze sind im Alter leider ebenso wahrscheinlicher wie gefährlicher. Absolut zentral für jedes barrierefreie Bad ist deswegen die Sturzprävention / Sturzprophylaxe. Fußmatten sollten unbedingt eine rutschfeste Unterseite aufweisen oder durch entsprechende Unterleger vor dem Rutschen bewahrt werden. Derlei Anti-Rutsch-Matten sollten auch in der Dusche oder der Badewanne zum Einsatz kommen. Zur Sturzprävention gehören auch die bereits angesprochenen Haltegriffe in Reichweite von jeder Badstation aus.
  • Natürlich muss besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, dass die Möbel nicht umkippen können. Das bedeutet, dass möglichst alle Komponenten am Boden fixiert werden sollten.
  • Generell sollten im barrierefreien Bad Fliesen mit rutschhemmender Oberflächenbeschichtung zum Einsatz kommen. Die Fliesen sollten mindestens die Rutschfestigkeitsklasse R10 aufweisen.

Rutschhemmende Oberflächenvergütung für emaillierte Duschflächen aus Kaldewei Stahl-Email, Foto: Franz Kaldewei GmbH & Co. KG

  • Hilfreich ist eine kontrastreiche Farbgebung der Elemente im Bad. Ein Punkt, dem bislang noch viel zu wenig Beachtung geschenkt wird. Gerade, wenn keine volle Sehkraft mehr gegeben ist, fällt die Bewegung im Bad so deutlich leichter. Auch die Beleuchtungsstärke selbst sollte höher als gewohnt gewählt werden. Schalten die Lichter sich selbstständig bei Betreten des Bades ein, ist das zusätzlicher Komfortgewinn.
  • Waschbecken & Waschtisch: Besonders wichtig ist die richtige Einbauhöhe das Waschbeckens. So müssen einerseits die Beine von Rollstuhlfahrern bequem unter den Waschtisch passen (aus diesem Grund ist ein Unterbauschrank nicht ratsam), es müssen jedoch gleichzeitig alle Elemente bequem aus dem Sitzen heraus bedienbar bleiben. Als besonders komfortabel für mehrere Nutzer empfiehlt sich ein höhenverstellbarer Waschtisch.

Unterfahrbarer Waschtisch, Foto: Keramag, Geberit Vertriebs GmbH

Der Spiegel über dem Waschtisch muss ein wenig anders angebracht werden als gewohnt - er soll schließlich auch aus der Sitzpostition heraus gut einsehbar sein. Auch ein wenig mehr Stellplatz als sollte auf der Fläche sichergestellt werden, da mehr Gegenstände direkt auf dem Waschtisch abgelegt werden müssen. Eine integrierte Brause hilft, wenn der Waschtisch beim Waschen der Haare dienlich sein soll.

Es besteht eine gewisse Verbrennungs- und Verbrühungsgefahr bei herkömmlichen Siphons. Idealerweise nutzt man einen Flachaufputz- oder Unterputzsiphon. Die Armatur muss einfach bedienbar sein. Einhebelmischer mit Temperaturbegrenzung sind am besten geeignet. Alternativ bieten sich berührungslose Armaturen an.

  • WC: Ähnlich wie beim Waschtisch ist auch beim barrierefreien WC die Höhenverstellbarkeit und die Seitenverstellbarkeit zum Umsetzen ein klares Plus und ermöglicht verschiedenen Nutzern den besten Komfort. Hier gibt es elektrische Lösungen oder manuelle Vorrichtungen, die beispielsweise mit einer Kurbel arbeiten. Auch beim WC sollte man beidseitig angebrachte Haltegriffe vorfinden. Die Spülung und Toilettenpapier(halter) sollten einfach zu erreichen sein, im Falle des Toilettenpapiers im Bereich des Stützgriffes. Vor und neben dem WC muss ausreichend Bewegungsfreiheit gewährleistet sein. Wandhängende WCs gestalten die Reinigung des Bereiches ein wenig einfacher.

Foto: HEWI Heinrich Wilke GmbH, Serie 805 Classic

  • Dusche & Badewanne: Für eine barrierefreie Badewanne gibt es mehrere Optionen. In jedem Fall sollten sich Ein- und Ausstiegshilfen an der Badewanne finden. Dazu zählen Griffe und Haltestangen, eventuell mit zusätzlichem Handlauf und optional einer kleinen Treppe. Auch hier ist es besonders wichtig, eine rutschfeste Oberfläche im Ein- und Ausstiegsbereich schaffen. Rutschhemmende Oberflächen sollten auch in der Wanne selbst vorhanden oder hinzugefügt werden.

Ist man noch vergleichsweise mobil, kann ein Badewannenlift / Schwenklift dabei helfen, sicher in die Wanne zu gelangen. Eine weitere Möglichkeit für den vereinfachten Eintritt in die Badewanne ist die Badewannentür. Hiermit umgeht man die Notwendigkeit, über den Wannenrand gelangen zu müssen.

Ein weiterer Trend liegt in der Kombination von Dusche und Badewanne. Durch die Installation einer Duschvorrichtung kann auch die Badewanne bei Platzmangel zu einer Dusche werden, ohne dass zu große Umbauten erforderlich werden.

Bleibt es bei einer Dusche, sind bodengleiche Duschen das Mittel der Wahl.

Dusch-Badewanne Twinline 2, Foto: Artweger GmbH. & Co. KG

Exakte Detailinformationen zum barrierefreien Bad finden Sie in der ausführlichen Checkliste für barrierefreie Bäder der "Aktion barrierefreies Bad" (Link zum PDF im letzten Absatz auf der Seite).

Kosten & Mehrkosten für barrierefreien Umbau

Was kostet ein barrierefreies Bad? Ein grober Richtwert besagt, dass Sie für den kompletten Umbau eines vorhandenen durchschnittlich großen Bades zu barrierefreiem Standard mit ungefähr 7.000 - 11.000 Euro rechnen können.

Einige weitere Hinweise sind dem Gutachten "Wohnen im Alter" des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu entnehmen (Heft 147). Es ist leider aus dem Jahre 2011, jedoch dürften sich die relativen Kosten für einen barrierefreien Umbau im Vergleich zu einer herkömmlichen Badsanierung nicht sehr stark verändert haben.

Dort finden sich folgende Angaben:

Beispielhafte Preise einzelner Komponenten

KomponenteKosten
Waschbecken mit Beinfreiheit800 Euro
Mischbatterie, barrierefrei200 Euro
Stützgriffe für WC300 - 400 Euro
Türverbreiterung (Falttür)1.500 Euro
Beispielhafter Badezimmerumabu in Hannover12.800 Euro
Beispielhafter Badezimmerumbau von Gäste-WC in Einfamilienhaus10.000 Euro
**Gesamtkosten für einen barriefreien und barrierereduzierten Umbau**
Allgemeine SanierungZusatzkosten für BarrierefreiheitKosten Gesamt
Badezimmer 1 (barrierefrei) Baukonstruktion Installation (Leitungen, Sanitärobjekte)4.165 Euro 3.200 Euro2.410 Euro 1.475 Euro6.775 Euro 4.675 Euro
Badezimmer 1 insgesamt7.365 Euro3.885 Euro11.250 Euro
Badezimmer 2 (barrierereduziert) Installation4.165 Euro 3.200 Euro545 Euro 1.475 Euro4.710 Euro 4.676 Euro
Badezimmer 2 insgesamt7.365 Euro2.020 Euro9.385 Euro

Zum Vergleich: Wie viel geben die Deutschen für ihr Badezimmer insgesamt aus? Wir haben 5.300 Angebotsanfragen, die bei uns eingegangen sind, nach dem zur Verfügung stehenden Budget ausgewertet.

Damit liegt ein barrierefreies Badezimmer durchaus im hiesigen Ausgabenspektrum. Dazu kommt: ein barrierefreies Badezimmer ist zwar teurer als ein herkömmliches, jedoch müssen Sie für die Kosten nicht alleine aufkommen. Für den Umbau erhalten Sie von verschiedenen Stellen Fördergelder.

Förderung für ein behindertengerechtes oder barrierefreies Badezimmer

  • KfW Programm 455 - Altersgerecht Umbauen, Investitionszuschuss: Die KfW fördert über ihr Programm 455 Modernisierungsmaßnahmen zur Barrierereduzierung und Barrierefreiheit oder den Erwerb von barrierefreiem Wohnraum mit Beträgen von bis zu 5.000 Euro bei Einzelmaßnahmen und mit bis zu 6.250 Euro, wenn ein komplettes Haus durch Sanierungsvorhaben bzw. beim Kauf eines entsprechend modernisierten Hauses den Standard "Altersgerechtes Haus" erreicht. Bei dieser Förderung handelt es sich um Zuschüsse. Die Beträge sind müssen also nicht zurückgezahlt werden.
BaumaßnahmeZuschuss bis zuMaximaler Förderbetrag
Einzelmaßnahmen zur Barrierereduzierung10% der Kosten5.000 Euro
auf Standard „Altersgerechtes Haus“12,5% der Kosten6.250 Euro
- Falls höhere Beträge für die Finanzierung einer Sanierung benötigt werden, können Sie alternativ das **KfW Programm 159 "Altersgerecht Umbauen - Kredit**" in Anspruch nehmen. Dieses Programm fördert Arbeiten mit bis zu 50.000 Euro. Hierbei handelt es sich jedoch um einen Kredit, wenngleich zinsgünstig.
  • Personen mit Pflegegrad können beim Umbau einer Wohnung nach Kriterien für Barrierefreiheit einen Zuschuss über 4.000 Euro bei der Pflegeversicherung beantragen. Leben mehrere Personen mit Pflegegrad in einem Haushalt, kann der Zuschuss pro Person beantragt werden. Das funktioniert bei bis zu vier Personen, also liegt der maximale Zuschuss bei 16.000 Euro. Der Zuschuss für ein barrierefreies Bad ist möglich, wenn häusliche Pflege durch den Umbau erst ermöglicht, erheblich erleichtert oder eine selbstständige Lebensführung des Pflegebedürftigen durch die Arbeiten in möglichst großem Umfang wieder möglich wird. Maßnahmen könnten der Einbau einer bodengleichen Dusche oder das Verlegen rutschhemmender Bodenfliesen sein.

  • Teilweise sind Zuschüsse über die Krankenkasse erhältlich. Dies gilt vor allem für "Hilfsmittel" wie Haltegriffe in der Dusche oder eine Erhöhung der Toilette. Diese werden nicht durch die Pflegeversicherung, sondern von den Krankenkassen übernommen. Für die Erstattung benötigt man einen Kostenvoranschlag, beispielsweise durch ein Sanitätshaus und beantragen beim zuständigen Arzt eine Verordnung für die jeweiligen Komponenten beantragen, die dann durch die Krankenkasse genehmigt werden muss.

Barrierefreie Badezimmer im Aufwärtstrend

Aufgrund des demographischen Wandels wird seit längerem prognostiziert, dass es zu einem starken Anstieg an Umbauten für altersgerechtes bzw. behindertengerecht barrierefreies Wohnen kommen müsste. Eine forsa-Erhebung kommt zu dem Schluss, dass diese Entwicklung bereits im vollen Gange ist und sich fortsetzen dürfte. Zum inzwischen siebten Mal ließ die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) umfangreiche Basisinformationen zur Badsituation der Bundesbürger ermitteln. Die für ca. 62 Mio. Deutsche ab 18 Jahren repräsentative Studie, bei der das forsa-Institut rund 3.000 Personen im Rahmen einer Online-Erhebung befragte, liefert nicht nur eine aktuelle Bestandsaufnahme. Sie bietet auch konkrete Einblicke in badbezogene Erwartungen, Meinungen und Wünsche der Verbraucher. Die Analysen machen Überraschungen ebenso aktenkundig wie sie langfristige Tendenzen bestätigen.

Allerdings sind aktuell nur 17 Prozent der Bäder in Deutschland vollumfänglich für ältere Menschen nutzbar - also wären nur 6 von 36 Millionen Bädern entsprechend ausgerüstet. 11 Prozent aller Befragten gaben an, einen altersgerechten Umbau zu planen. 51 Prozent haben über einen solchen Umbau zumindest schon einmal nachgedacht.

Was die Mehrkosten angeht, scheint laut derselben Umfrage eine relativ breite Bereitschaft vorzuliegen, ein Badezimmer altersgerecht zu gestalten:

Wir haben nachgefragt und knapp 1.000 Personen, die ihr Badezimmer sanieren möchten, danach gefragt, ob der Umbau Barrierefreiheit gewährleisten soll. Aus den 960 zurückgehenden Antworten ergibt sich folgendes Bild:

Eine kleine Mehrheit der Badezimmer wird demnach bereits barrierefrei gestaltet, wenn saniert wird.

Diese Zahlen decken sich gut mit Funden aus der forsa-Erhebung weiter oben, in welcher der altersgerechte Umbau thematisiert wird. Dort heißt es: "Zwei Drittel der Deutschen vermuten, dass ein altersgerechter Umbau deutlich (32 %) bzw. etwas (34 %) teurer wäre als eine „normale“ Badrenovierung. Eine Mehrheit von 51 % ist bereit, das „in jedem Fall“ oder „wahrscheinlich“ zu akzeptieren. 40 % machen das von der Höhe des Zusatzaufwandes abhängig, und nur 9 % lehnen einen möglichen Aufpreis (eher) ab. Auch dieses Stimmungsbild zeige die Aufgeschlossenheit der Bundesbürger für eine fundierte Fachberatung."